Implementierung einer betrieblichen Mobilitätsstrategie

– Best practices

02. September 2022 | 10 min Lesezeit

Drei Wege zur betrieblichen Mobilitätsstrategie & konkrete Tipps von Expert:innen

Dass Unternehmen mit ihren Mobilitätsstrategien einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz und ihren eigenen Nachhaltigkeitsambitionen leisten können, ist aktuell viel diskutiert. Doch wie kommt ein Unternehmen zur eigenen betrieblichen Mobilitätsstrategie?

Im Webinar haben wir uns ausgetauscht mit Tobias Bowald, Mobilitätsexperte bei Q_PERIOR, Rene Hofmann, Produktmanager für Ecoshift bei T-Systems MMS, Katharina Schön, Projektleiterin Nachhaltigkeit & Mobilitätsmanagement bei Blum Group und Klaus Edele, Environment, Health & Safety Manager bei Vetter Pharma. Unser Gastgeber: Andreas Reichert, CVO bei MOBIKO GmbH.

Inhaltsverzeichnis

Hauptfokus der betrieblichen Mobilitätsstrategie in Unternehmen

Das Einführen einer Mobilitätsstrategie ist in vielen Unternehmen bereits ein Thema. Die Herangehensweise und Ziele sind häufig jedoch unterschiedlich. Im MOBIKO Webinar am 14. Juli 2022 wurden alle Teilnehmer:innen zu Beginn gefragt, worauf ihr Hauptfokus bei der Mobilitätsstrategie liegt.

Mitarbeiterbindung, Fuhrpark und Pendlermobilität waren dabei die drei häufigsten Antworten. Häufig steht demnach der Mitarbeitende im Fokus des Mobilitätsangebotes. Laut Andreas Reichert sei es eine interessante Erkenntnis, dass Pendlermobilität mittlerweile an mehr Bedeutung als Geschäftsreisen gewonnen hat. Seine Theorie: „Das liegt wahrscheinlich an der anstehenden Emissionsbilanzierung im nächsten Jahr.“

Umfrageauswertung Webinar

Incentivierung der Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel

Webinargast Katharina Schön, Projektleiterin für Nachhaltigkeit & Mobilitätsmanagement, berichtete von der Mobilitätsstrategie, die sie bei der Blum Group mit 9.500 Mitarbeitenden implementiert haben. Die Blum Group hat ihren Hauptsitz in Österreich und ist Hersteller für Möbelbeschläge. Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde 2019 im Rahmen eines Workshops mit der Geschäftsführung erarbeitet. Dabei wurden Herausforderungen, Missstände aber auch bestehende positive Verhaltensweisen diskutiert.

Die Blum Group entschied sich schließlich für einen fairen Deal mit den Mitarbeitenden: Wenn diese bereit sind vier Tage pro Woche auf den Firmenparkplatz zu verzichten, sprich möglichst ohne Auto zur Arbeit kommen, erhalten sie im Gegenzug ein Dienstrad oder ein Jobticket. Darüber hinaus wurde ein Belohnungssystem mit der Währung „Ökopunkte“ eingeführt. Für eine nachhaltige Anreise erhalten die Mitarbeitenden Punkte, die sie dann in Form von Gutscheinen oder Spendenprogrammen einlösen können.

5 wichtige Schritte zur Mobilitätsstrategie der Blum Group

1. Commitment klarstellen

Wollen wir nachhaltige Mobilität? Wenn ja, welche Maßnahmen müssen dafür getroffen werden?

2. Verantwortliche festlegen

Die klare Zuweisung von Aufgaben bzw. Zuständigkeit sorgt dafür, dass sich einzelne Personen für das Projekt verantwortlich fühlen und es eigeninitiativ vorantreiben.

3. Zuständigkeiten und Kapazitäten frühzeitig klären

Wer trifft Entscheidungen? Wer ist Ansprechpartner:in für dieses Thema? Wer hat neben dem Alltagsgeschäft Zeit für die Umsetzung der Mobilitätsstrategie?

4. Den Blick auf „das große Ganze“ schaffen

Es ist wichtig klare Ziele zu definieren, das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu analysieren und langfristige Perspektiven des Projektes zu berücksichtigen.

5. Erfolgskontrolle

Die Wirksamkeit des Angebotes sollte regelmäßig gemessen und optimiert werden.

Mann arbeitet am Tisch mit Laptop

Bisherige Erfolge der Blum Group

Ca. 40% der Mitarbeitenden der Blum Group haben sich bereits vor Einführung der Mobilitätsstrategie nachhaltig fortbewegt. Mittlerweile sind es 47% (Stand Juli 2022) von 60% der Mitarbeitenden, die eine nachhaltige Alternative wie ÖPNV oder Fahrrad nutzen könnten. Mitarbeitende nutzen das System gern und die Option Ökopunkte in Spendenprojekte oder Gutscheine umzuwandeln wird laut Katharina Schön gut angenommen.  

Pharmazulieferer „Vetter Pharma“

Klaus Edele ist Environment, Health & Safety Manager bei Vetter Pharma. Der Pharmazulieferer vom Bodensee verpackt und liefert Medikamente an große Konzerne. Als die Stadt Ravensburg, in der sie einen weiteren Standort haben, die Grenzwerte der CO2-Emissionen überschritt, sah Klaus Edele Handlungsbedarf.

Meilensteine der Mobilitätsstrategie bei Vetter Pharma

Um zu überprüfen, ob Bezuschussung der Mobilität auch bei Mitarbeitenden gefragt ist, wurde eine interne Umfrage durchgeführt. Diese zeigte, dass fast 60% der Teilnehmer:innen Interesse daran haben.

Über die nächsten Jahre wurde die Mobilitätsstrategie Schritt-für-Schritt implementiert:

Zeitstrahl zu Maßnahmen der Mobilitätsstrategie

Mobilitätsstrategie bei T-Systems MMS & App „Ecoshift“

Rene Hofmann ist Produktmanager bei T-Systems MMS für die eigens entwickelte App „Ecoshift“. Die App zeigt Mitarbeitenden auf, wie viele Emissionen sie durch das Pendeln ausstoßen. Mitarbeitende müssen ihre Daten dafür in die App eintragen, welche diese daraufhin anonymisiert auswertet. Die Daten können darüber hinaus jederzeit wieder gelöscht werden. Anhand dieser Informationen erstellt T-Systems MMS einen Report zur Pendlermobilität, sie erhalten Empfehlungen wie diese optimiert werden kann und können bei Bedarf sogar nach Standorten oder Abteilungen filtern.

Je mehr Daten vorhanden sind, desto aussagekräftiger werden sie auch. T-Systems MMS schafft daher Awareness für den Grundgedanken hinter der Mobilitätsstrategie. Andreas Reichert schlägt darüber hinaus vor das Eintragen der Daten zu incentivieren und somit attraktiver zu gestalten.

Mithilfe von Ecoshift werden bei T-Systems MMS gezielte Maßnahmen für nachhaltigere Mobilität implementiert.

Tipps für die Mobilitätsstrategie Tobias Bowald von Q_Perior

Jedes Unternehmen hat seine eigene Herangehensweise an die Mobilitätsstrategie. Weitere Tipps, wie diese auch erfolgreich wird, gab Tobias Bowald, Mobilitätsexperte bei Q_Perior. Q_Perior ist ein Beratungsunternehmen im Bereich IT Management und Digitalisierung, das Unternehmen bei der Implementierung von Mobilitätskonzepten unterstützt.

Ergänzende Top 7 Tipps vom Experten:

1. Kosten kalkulieren

Das Einführen einer Mobilitätsstrategie kann Kosten einsparen, kann aber auch zu erhöhten Kosten führen. Diese sollten vorab kalkuliert werden.

2. Inklusion beachten

Auch bei einer Mobilitätsstrategie müssen Mitarbeitende berücksichtigt werden, die ein Handicap haben oder aus anderen Gründen spezielle Anforderung an Mobilität haben könnten.

3. Mobilität weiterdenken

Mobilität bedeutet nicht nur Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen oder bei der Fortbewegung zu unterstützen. Es bedeutet auch Arbeitsmodelle, wie „Work anywhere“ in Betracht zu ziehen und die Bedingungen dafür zu berücksichtigen. Auch das Schaffen von Büros in der Nähe der Wohnorte der Mitarbeitenden oder Home Office gehören zum Thema Mobilität.

4. Arbeitsschutz beachten

Die Regeln des Arbeitsschutzgesetzes sollten für der Mobilitätsstrategie gelesen und beachtet werden.

5. Anreize schaffen

In der Mobilitätsstrategie zählt auf der einen Seite das Unternehmen auf der anderen Seite aber genauso der Mitarbeitende von dem der Erfolg der Strategie maßgeblich abhängt. Die Nutzung des Mobilitätsangebotes sollte daher positive Auswirkungen für Mitarbeitende haben, um einen Anreiz zu schaffen.

Mann rechnet mit Taschenrechner

Auto Abo. Ist das Greenwashing?

Ein Teil der Mobilitätsstrategie mancher Unternehmen sind Auto Abo Modelle. Laut Tobias Bowald seien diese jedoch nicht nachhaltig. Sie treiben den Neuwagenbedarf in die Höhe, machen es einfacher für Mitarbeitende ein Auto zu besitzen und ermöglichen es dieses immer wieder zu wechseln. Zwar müssen Mitarbeitende für Schäden am Auto aufkommen und gehen daher sorgfältiger damit um, weshalb die Autos wahrscheinlich länger genutzt werden können, dennoch geht die Rechnung nicht auf. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit sei dieses Modell daher nicht sinnvoll.

Mobilitätsstrategie auf dem Land und in der Stadt

Für Mitarbeitenden mit einem zentralen Wohnsitz in einer größeren Stadt gibt es zahlreiche Mobilitätsangebote von Sharing Anbietern, über den ÖPNV bis hin zum Fahrrad oder sogar dem Fußweg.

Gerade für Mitarbeitende, die in ländlicheren Gegenden leben ist der ÖPNV oder das Fahrrad allerdings oft keine Option. Dennoch gibt es auch dort Möglichkeiten bei der Mobilität zu unterstützen. Tobias Bowald nennt die Förderung privater Fahrgemeinschaften, indem sie im Büro immer einen Parkplatz zur Verfügung gestellt bekommen. Es könne auch ein Kleinbus gekauft werden, den Mitarbeitende dann für die Fahrgemeinschaften nutzen können. Vor allem in Schichtbetrieben ist dieses Modell sehr vielversprechend.

Individuelle betriebliche Mobilitätsstrategien umsetzen mit MOBIKO

Es gibt bereits viele Best Practice Beispiele von Unternehmen, die eine Mobilitätsstrategie umgesetzt haben. Je nach Unternehmen und Bedürfnissen gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, doch für jedes Modell eine Lösung.

Sollten Sie Interesse an einer Umsetzung Ihrer Mobilitätsstrategie mit einem Mobilitätsbudget von MOBIKO haben, kontaktieren Sie uns jederzeit unter sales@mobiko.de.

Bild einer jungen Frau

Autorin: Charlene Wuermeling

Content Marketing Managerin bei MOBIKO

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